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Vorab sollte jeder erst einmal wissen, dass ohne Linienzuchten und Inzuchten unsere heutigen Rassehunde
nicht das wären, was sie sind. Dass der Haushund vom Wolf abstammt ist unumstritten, deswegen ist seine
wissenschaftliche Bezeichnung auch Canis lupus familiaris was soviel bedeutet wie “gezähmter Wolf”.
Allerdings entstanden unsere Hunde nicht nur durch einfache Zähmung und “entwickelten” sich irgendwann
zu verschiedenen gezähmten Wolfshunden sondern der Mensch bemerkte recht schnell, dass man Wölfe
nicht nur zähmen sondern ihnen auch etwas beibringen konnte und sie bei der Jagd halfen.
Es wird vermutet, dass sich der Wolf zuerst dem Menschen anschloss um etwas von seiner Beute
abzubekommen, d.h. der Wolf domestizierte sich selbst. Da die ersten vom Menschen mit der Hand
aufgezogenen Wolfswelpen verschiedene Eigenschaften aufwiesen, z. B. eigneten sich einige gut zur Jagd
und andere hatten einen hohen Beschützerinstinkt, begann der Mensch speziell Tiere die die gleichen
Eigenschaften besaßen miteinander zu kreuzen um diese zu festigen. Außerdem wählte der Mensch speziell
Wolfswelpen aus die sehr anhänglich waren und keine Scheu mehr hatten. So konnten sie geziehlt zahme
Wölfe züchten die bestimmten Anforderungen entsprachen.
Wölfe sind das am weitesten verbreitete Raubtier der Welt und dementsprechend vielfältig ist auch das
Aussehen. Größen und Farben unterscheiden sich immens, so ist der kleinste Wolf gerade einmal 20 kg
schwer während das größte Exemplar fast 80 kg wiegt. Aber alle Wölfe haben eine gemeinsame Eigenschaft,
nämlich das Anerkennen einer Rangordnung. Nur durch diese Eigenschaft war es dem Wolf überhaupt
möglich sich dem Menschen bedingungslos zu unterwerfen.
Wenn wilde Tiere domestiziert werden verändert sich nicht nur das Verhalten sondern auch der Körper.
Domestizierung oder Domestikation ist ein innerartlicher Veränderungsprozess u. A. von Wildtieren, bei dem
diese durch den Menschen über Generationen hinweg von der Wildform genetisch isoliert werden. Damit
wird ein Zusammenleben mit dem Menschen oder eine Nutzung durch diesen erst ermöglicht. Die Ohren
werden schlapp, das Gesicht runder, das Fell und die Farbe verändern sich. Das zeigt sich Querbeet von
Schweinen bis zu den Hunden und wurde in einem Experiment von Dimitrij Belijajew in Russland, indem er
Füchse domestizierte, bewiesen. Er suchte sich aus verschiedenen Pelztierfarmen 130 der zahmsten Füchse
heraus und selektierte sie weiter nach Zuchtraulichkeit. Selektion ist lateinisch und bedeutet Auslese. Er
vermutete, dass sich dadurch eine Veränderung des Phänotyps, also des Erscheinungsbildes, einstellen
würde und er hatte Recht.
Nach 35 Generationen wurden die Füchse handzahm, bellten, wedelten mit dem Schwanz und hatten runde
Gesichter mit Flecken auf der Stirn.
So ähnlich sollte es auch bei unseren heutigen Hunderassen zugegangen sein. Die domestizierten Wölfe
veränderten sich phänotypisch und wurden je nach Gebrauch weiter selektiert und gezüchtet. Selbstverständlich
gehörte die Verpaarung von verwandten Hunden dazu denn spezielle Merkmale traten nicht bei allen Geschwistern eines Wurfes auf. Um
demensprechend gewisse Merkmale auf einen ganzen Wurf zu verteilen, paarte man verwandte Hunde mit denselben Eigenschaften und daraus
entstanden die verschiedenen Hunderassen je nach Verwendung. Äußerlichkeiten waren anfänglich nebensächlich da es nur um die
Verwendung ging. Jagdhunde, Hirtenhunde und Wachhunde machten den Anfang. Durch die industrielle Revolution wurde der Hund als
Arbeitskraft überflüssig wodurch Wettkämpfe entstanden, welche vor allem auf das verschiedene Aussehen der Hunde abzielten. Zu Beginn des
19. Jahrhunderts, als es bereits organisierte Hundeausstellungen gab, wurden zahlreiche Rassehunde gezüchtet.
Auch in der heutigen Zeit nimmt Selektion und Linienzucht kein Ende. Obwohl die einzelnen Hunderassen in ihrer Rasse gefestigt sind wird noch
immer Linienzucht durchgeführt um bestimmte Verhaltensweisen und Äußerlichkeiten zu festigen oder um genetische Defekte zu selektieren und
auszuschließen denn durch die jahrhunderlange Züchtung der schätzungsweise über 800 verschiedenen Rassen entstanden auch genetische
Defekte. Ein Rassehund unserer heutigen Zeit muss ein großes Prädikat aufweisen: er soll familientauglich sein. Dies trifft eigentlich auf alle
Haushunde zu denn ein Hund ist ein Rudeltier und sucht Anschluss zum Menschen. Dann bestimmt natürlich noch das Aussehen und die Größe
welche Hunderasse nun ausgewählt werden soll. An oberster Stelle wünscht sich jedoch jeder Hundebesitzer einen rundum gesunden Hund. Da
sich aber durch die Selektion viele Erbkrankheiten eingeschlichen haben muss man heute wieder Linienzuchten durchführen um die Hunde
miteinander zu verpaaren, die diese genetischen Defekte nicht aufweisen wie z. B. die Hyperurikosurie (Veränderung des Purinstoffwechsels)
beim Dalmatiner. Dazu wurde erstmalig 1973 von dem Genetiker Robert H. Schaible ein Pointer mit einer Dalmatinerhündin verpaart.
Nachkommen dieses Wurfes wurden mit anderen Dalmatinern und später auch untereinander gekreuzt um möglichst ein breites Zuchtsprektrum
an Nachfahren ohne das defekte Gen hervorzubringen. Ohne Linienzuchten wäre dieses Projekt so nicht durchführbar gewesen.
Allerdings üben einige Züchter vieler Rassen Linienzuchten ohne medizinischen Hintergrund durch. Hier erklären sie die Züchtung ihrer “eigenen
Zuchtlinie” die sich visuell und verhaltenstechnisch von anderen Linien unterscheiden soll. Und tatsächlich gibt es Zuchthunde die Markant sind
und bei näherer Betrachtung einen Rückschluss auf die Zuchtlinie ziehen lassen.
Einige Linien sind klein und zart, andere groß und kräftig. Einige gleichmäßig gebaut, andere weniger. Bestimmte Linien haben eine sehr
ausgeprägte Vorbrust, andere haben gar keine. Einige Linien sind sehr dominant und haben eine niedrige Reizschwelle sodass sie nicht für
jedermann geeignet sind. Andere sind sehr sensibel und anhänglich und sind die idealen Anfängerhunde. Manche Linien haben vermehrt
Blauaugen in ihren Genen oder Platten. Braune Tupfen sind in fast allen Linien zu finden. Aber sogar ganz andere Farben (lemon und tricolor)
kommen auch nur in bestimmten Zuchtlinien vor.
Ängstlichkeit, Nervosität, langer Körper, kurzer Körper, lange Beine, kurze Beine, breite Köpfe, schmale Köpfe und ich könnte noch dutzende von
Merkmalen aufzählen, unterscheiden den Rassehund in der Rasse. So unterschiedlich die Zuchtlinien auch alle sind, so unterschiedlich sind die
Geschmäcker der einzelnen Hundebesitzer. Trotzdem könnte man einen stabilen und guten Rassehund auch züchten indem man auf
Linienzucht verzichtet. Dafür muss man natürlich Zuchttiere finden die dieselben Eigenschaften haben aber nicht miteinander verwandt sind oder
erst ab einer bestimmten Generation einige gemeinsame Ahnen aufweisen. Zuchthunde mit denselben Eigenschaften zu finden ist nicht das
Problem aber mit der Blutfremdheit wird das schon schwieriger und es macht definitiv mehr Arbeit, denn der Genpool einer Rasse ist nicht
unerschöpflich.
Linienzuchten sind aber nicht nur gut. Zu enge Verwandtschaft der einzelnen Zuchttiere kann sich negativ auf die Nachkommen auswirken.
Besonders dann, wenn mit Hunden Linienzuchten durchgeführt werden die selber schon aus Linienzuchten stammen. Genetische Defekte die in
einer Linie schlummern können zu Tage treten von denen der Züchter gar nichts weiß. Einige Züchter betreiben gerade deswegen ab und an
Linienzuchten um diese Defekte zu Tage zu bringen und jeweilige Zuchttiere evtl. von der Zucht auszuschließen. Meist jedoch wissen sie zwar
dann um diese Defekte, schließen aber die Zuchttiere nicht aus sondern verpaaren sie nur mit anderen Linien um die negativen Merkmale nicht
zu Tage zu bringen aber weitervererbt werden sie dennoch.
Linienzuchten durchzuführen, die das Aussterben bestimmter, guter Zuchtlinien verhindern sollen, sind durchaus nachzuvollziehen und vor allem
auch sinnvoll und tragen zur Erhaltung der Rasse bei. Ich selber möchte keine Verwandtschaftsverpaarungen durchführen und wenn dann
entweder aus medizinischem Grund oder um das Aussterben bestimmter Zuchtlinien zu verhindern. Mir geht bei Linienzuchten die Individualität
der einzelnen Nachkommen verloren und Welpen sehen sich zum verwechseln ähnlich. Ich züchte zwar seit langem mit den gleichen
Zuchtlinien, deren Eigenschaften ich bis ins Detail kenne, dennoch sind alle Zuchthunde bis zur fünften Generation nicht miteinander verwandt.
Somit schaffe ich mir meine eigene Zuchtlinie und verpaare nicht wild in der Gegend herum. Auch auf diese Art und Weise kann ich voraussagen
wie sich ein Wurf entwickeln wird und was er in sich trägt. Würde ich für meine Hündinnen immer einen anderen blutfremden Rüden nehmen (bei
16 Würfen wären das 16 verschiedene Rüden), würde ich die Gene wahllos in der Zuchtwelt verstreuen, ohne Sinn und Verstand. Aber bei 16
Jahren Zucht denke ich mir schon etwas dabei und weiß genau was ich da tue.