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Der FCI-Standardzüchter oder die Geschichte der Selektion und die Zerstörung der Rasse
Es war einmal ein Autor namens Vero Shaw, der in seiner Weisheit im Jahre 1882 aus einer Idee heraus,
den ersten inoffiziellen Rassestandard entwickelte. Mit der Gründung des Dalmatian Club in England, wurde
1890 auf dieser Grundlage der erste offizielle Rassestandard des Dalmatiners ins Leben gerufen.
Nach der Gründung der FCI durch einen Zusammenschluss mehrerer Länder, erlebte dieser Rassestandard
eine sogenannte “Formalisierung” und wurde 1955 somit weltweit zum ultimativen Rassestandard, der
bis heute die Zeit überdauerte.
Vero Shaw war u. A. ein Autor, der mehr als 10 Bücher veröffentlichte. Unter anderem das ausführliche Buch
“Das illustrierte Buch vom Hunde” aus dem Jahre 1883. In diesem Meisterwerk der Darstellung von Rassen
Abhandlung über Hunderassen, Zwinger und Zwingerhaltung, allgemeines Hundemanagement, Ausstellungen,
Kauf und Verkauf sowie Hundemedizin und -chirurgie, gab es auch bildliche Illustrationen einzelner Hunde-
rassen.
Der FCI Rassestandard des Dalmatiners beschreibt ihn mit kurzem Fell in den Farben weiß mit scharzen oder
leberfarbenen Tupfen, die gleichmäßig über den Körper verteilt sein sollen. Andere Farbschläge wie z. B.
zitronengelb und black and tan, wurden von der Zucht ausgeschlossen, ebenso wie die Langhaarigkeit.
Da es genetische Farbtests für Hunde erst seit den 1990ern gibt, wurden Zuchttiere, die phenotypisch anders
waren, aus der Zucht aussortiert und ebenso die Eltern solcher “Sonderlinge”.
Leider gingen mit diesem Prozess der Selektion auch genetisches Material unwiederbringlich verloren. Aber
nicht nur díe FCI sondern auch andere kynologische Vereinigungen die nicht der FCI angehörten, richteten
sich fortan nach diesem Rassestandard und folgten dem gleichen Prinzip der Selektion.
Nachdem die Farbtests den Weg in die Hundezucht fanden, wurde kontinuierlich damit begonnen, Zuchttiere
auf bestimmte Farbeigenschaften zu testen. Anfänglich kamen solche Zuchttiere tatsächlich gar nicht erst zum
Einsatz und wieder wurde der europäische Genpool dezimiert. Gleichzeitig ereigente sich jedoch noch ein viel
größeres Problem, nämlich die Einkreuzung nordischer Blutlinien, die allerdings auch mit bestimmten erblich
bedingten Krankheiten daher kamen. An erster Stelle wurde die Epilepsie eingeschleppt, die bis heute noch
Bestandteil unserer Rasse ist und verdrängte mit der Zeit unsere deutschen, langlebigen und gesunden
Blutlinien.
Blutlinien wie von Schönhagen, vom Rosenhagen, vom Richardshof, vom Mühlenbachtal, vom Lärchengrund
usw. usf. wurden durch nordische Linien verdrängt, sodass in den heutigen Pedigrees zwar noch immer vorne an
deutsche Zwingernamen stehen, jedoch die Linien mit denen heute viele FCI-Anhänger in Deutschland züchten,
sind nordischen Ursprungs, sodass
überwiegend Kennel wie Spotnik’s, Jilloc’s, Perdita’s, Alphadirato, T-Cart und Ridotto die Ahnentafeln dominieren. In den ersten Generationen
sehen die Abstammungen meist ganz toll aus, geht man jedoch weiter hinten schauen, wundert es niemanden, wieso der genomische
Inzuchtkoeffizient beim Dalmatiner schon über 8 % liegt. Die heute miteinander verpaarten Hunde, sind oft zu eng miteinander verwandt, auch
wenn es auf den ersten Blick überhaupt nicht so scheint. Dazu kommt, dass der IK der jeweiligen Zuchttiere selbst schon bei teilweise zwischen
10-17 % liegt.
Und all diese sogenannten Zuchtmaßnahmen, Selektion von Farben, übermäßige Verwendung von bestimmten Blutlinien sowie zu enge
Züchtung der Nachkommen, führen mittlerweile zu einem erhöhten Vorkommen an kranken oder kurzlebigen Tieren. Auch die Taubheitsrate von
teilweise ganzen Würfen ist gestiegen. So geschieht es, dass in einem Wurf von 8 Welpen, nur 2 beidseitig hörend sind. Und aufgrund der ach so
tollen Verpaarung, wird daraus dann noch ein Welpe in die Zucht gehen, damit noch mehr Taubheit vererbt wird.
Die heutigen Standard-Züchter sind nur noch ein Schatten derer, die einst die deutsche Dalmatinerzucht beherrschten und dennoch schaffen sie
es, viele Interessenten in den Bann zu ziehen mit pompösen Webseiten die so seriös aussehen, dass an der Zucht selbst keine Zweifel
aufkommen. Doch dank sozialer Medien, entpuppen sich nachträglich immer mehr dieser Zuchtstätten als unseriöse
Dalmatinerproduktionsstätten, die mit Championatstitel ihre Zuchttiere bewerben, als ob ein Zuchtrichter tatsächlich in der Lage ist, einen wirklich
guten Zuchthund zu erkennen.
Es sammeln sich Berichte über Dalmatiner, die schon im Junghundalter unter HD und ED leiden. Verhaltensauffälligkeiten wie extreme Nervosität
kommen immer mehr zu vorschein. Auch Erkrankungen der oberen Harnwege nehmen im adulten Alter sprunghaft zu, mal von der Fallsucht ganz
abgesehen, die sich mittlerweile, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie es andere Hunderassen wie den Labrador oder den Belgischen
Schäferhund betrifft, in unseren Dalmatinern manifestiert hat.
Auch werben viele Standard-Züchter damit, dass sie ja Ernährungsexperten seien und geben den völlig ahnungslosen Welpenkäufern
sogenannte Barfpläne mit, die teilweise vorne und hinten nicht stimmen und den Hund durch vollkommen falsche Ernährung letzten Endes krank
machen. Konfrontiert man solch einen Standard-Züchter damit, dass er “kranke Hünde” gezüchtet hat, stößt man auf rigorose Ablehnung und
einer Mauer des Schweigens. Es gibt sogar den einen oder anderen Züchter, der seinen Welpenkäufern mit rechtlichen Schritten droht, sollten
sie die Krankheit ihres Hundes öffentlich machen.
Und selbst die wenigen Standardzüchter, die ihren Job wirklich gut machen wollen, können das eigentlich gar nicht, weil das verfügbare
“Zuchtmaterial” in Europa einfach zu ingezüchtet ist. Umso wichtiger ist es heute komplett blutfremde Zuchttiere zu importieren, um das
genetische Material aufzubessern. Dazu gehören auch Zuchtlinien, die hier in Deutschland aufgrund ihrer Farbgenetik komplett ausgeschlossen
wurden. Diese sollten allerdings nicht wieder mit den nordischen oder kranken Linien gekreuzt werden.
Und diese Form der Selbstreflektion und der Weitsichtigkeit fehlt den Standardzüchtern einfach, weil sie sich wehement weigern, den farblichen
Standard und die damit verknüpfte genetische Vielfalt zu erweitern und über den Tellerrand zu schauen.
“Captain”, der erste illustrierte Tricolor Dalmatiner mit Tan-Marken an den Beinen aus dem Jahr 1881
“Harry”, Tan-Marken im Gesicht eines 100 % reinrassigen Dalmatiners mit einer klomplett fremden
Blutlinie zu den euopäischen Standardzuchttieren